Treibladungsmittel

Die Komponenten der Patrone: Die Treibladung

Eine Patrone besteht normalerweise aus vier Komponenten: Der Treibladung, dem Zündhütchen, der Hülse und dem Geschoss.

Das häufigste momentan verwendete Treibladungsmittel ist „Nitropulver“. Die reichlich unkorrekte Bezeichnung ist vom „Schwarzpulver“ übernommen worden, das allerdings auch schon längst nicht mehr in Pulverform als Treibmittel angeboten wird. Neben den Zündhütchen enthalten die Treibladungsmittel das größte Gefahrenpotential bei unsachgemäßem Umgang. Bei Nitro-Treibmitteln liegt sie bei einer ungewollten Verpuffung weniger in einer Explosionswirkung, als in der enormen Hitze sowie der Rauchentwicklung, die Atmung und Orientierung aufs höchste beeinträchtigen kann. Schwarzpulver kann zusätzlich unter bestimmten Umständen auch „Massenexplosionsfähig“ werden, das heißt, dass die Verpuffung den Charakter einer Explosion, also einer schlagartig aufbauenden Druckentwicklung annehmen kann.

Arbeiten Sie niemals unter Stress, vor absehbaren Störungen, unter seelischem Druck oder unter Alkohol mit Treibladungsmitteln. Dass sowohl Rauchen, sowie Hantieren mit funkenreissenden Geräten verboten ist, dürfte sich hoffentlich von selbst verstehen.

Themen dieses Artikels:

Nitrozellulose- und Nitroglyzerin-Treibladungsmittel

Das „Nitro-Pulver“, mit dem wir Wiederlader heutzutage umgehen, ist gemessen an der bisherigen Verwendungsdauer von Schwarzpulver noch ein Neuling. Die ersten „rauchlosen Pulversorten“ kamen erst um 1900 auf den Markt, über 500 Jahre nach ersten Experimenten mit Schwarzpulver als Treibladungsmittel. Übrigens ist das älteste heute noch erhältliche Nitro-Treibladungsmittel von 1898. Der Methusalem zeigt noch keinerlei Zeichen von Altersschwäche und erfreut sich großer Beliebtheit: Es ist Bullseye!

Es existieren zwei verschiedene Sorten von „Nitro-Pulvern“, die nach der Anzahl ihrer Energieträger auch ein- oder zweibasige Treibladungsmittel genannt werden. Einbasige Treibladungsmittel werden durch Zusatz eines Gemisches von Salpeter- und Schwefelsäure auf kurze Baumwollfasern hergestellt. Nach der Einwirkzeit bleibt die faserige Struktur noch erhalten. Doch das Säuregemisch (Nitriersäure) hat die Baumwolle „Nitriert“. Dann wird ein Lösungsmittel, zum Beispiel Ätheralkohol zugesetzt. Damit wird die Nitrozellulose zu einer durchgehend plastischen Masse geknetet. Diese „Pampe“ kann nach dem Knetvorgang durch Schneiden oder Pressen beliebig geformt werden. Danach wird das Lösungsmittel wieder entfernt, meist durch einen Trockenvorgang, seltener durch Chemikalien.

Wichtig: Treibladungsmittel aus Nitrozellulose werden einbasige Treibladungsmittel (Single Base Powder) genannt, da sie nur einen Stoff als Energieträger aufweisen.

Die Verwendung von Lösungsmittel kann Nachteile mit sich bringen. Zum Beispiel durch hinterlassen einer porösen, feuchtigkeitsanziehenden Oberfläche des Korns nach dem Austrocknen. So suchte man nach einem Stoff, in dem die Nitrozellulose gelöst werden konnte, der Stoff aber in der Masse blieb. Man fand schließlich, dass in Nitroglyzerin die Nitrozellulose ebenfalls sehr gut gelöst wurde, und die Masse war genauso gut formbar, wie unter Verwendung des Ätheralkohols. Weil nun aber zwei Energieträger vorhanden waren, nannte man diese Sorte zweibasig.

Wichtig: Treibladungsmittel aus Nitrozellulose mit Nitroglyzerinanteil werden zweibasige Treibladungsmittel (Double Base Powder) genannt, da sie zwei Stoffe als Energieträger aufweisen.

Unterschiede zwischen ein- und zweibasigen Treibladungsmitteln

Eine kleine Tabelle soll die wichtigsten Unterschiede zwischen ein- und zweibasigen Treibladungsmitteln verdeutlichen. Als Vorteil werden bei zweibasigen Treibladungsmitteln die gleichmäßigeren Leistungen hervorgehoben, als Nachteil die etwas höhere Explosionstemperatur.
 

  Nitrozellulose-Treibladungsmittel Nitroglyzerin-Treibladungsmittel
Verpuffungstemperatur: 170°C 160°C
Explosionstemperatur: 2400-3000°C 3000-3800°C
Spezifisches Gasvolumen: 0,9-97 lt/g 0,8-86 lt/g
Unverbrannte Rückstände: circa 1% circa 1%

Würden die oben genannten Mittel nicht weiter behandelt, hätte man eher Sprengstoffe als Treibladungsmittel. So werden je nach Anforderung die Treibladungsmittel phlegmatisiert, also „langsamer“ gemacht. Das kann man durch Verdichten, oder chemische Verfahren erreichen. Weiterhin werden den Treibladungsmitteln unterschiedlichste Formen gegeben, die den für jede Munitionsart günstigsten Abbrandprozess beeinflussen. Deshalb existieren „Kugelpulver“, „Blättchenpulver“, „Stäbchenpulver“ oder „Röhrchenpulver“.

Wichtig: Treibladungsmittel brennen stets senkrecht zu ihrer jeweiligen Oberfläche ab. Die dabei entstehende Gasmenge erzeugt Druck (in einem geschlossenen Raum). Wie die Druckentwicklung stattfindet, ist auch von der Form des Treibladungsmittels abhängig.

 

Zündet „Kugelpulver“, so nimmt seine Fläche vom Moment der Entzündung her rapide ab. Zündet „Blättchen“- oder „Stäbchenpulver“ passiert, nur nicht so schlagartig, das gleiche. Diese Treibladungsmittel sind im Wesentlichen degressiv, (offensiv) da die Oberfläche mit zunehmendem Abbrand kleiner wird

blättchenförmiges Treibladungsmittel
Ein Beispiel für blättchenförmiges Treibladungsmittel ist Vectan A0.
zylindrische Formen bei Treibladungsmitteln

Da Treibmittel unterschiedliche chemische Behandlungen erfahren können, ist deren Form nicht immer ein sicherer Indikator für das Abbrandverhalten. So können sich in den Tabellen über relative Abbrandgeschwindigkeiten Treibmittel gänzlich unterschiedlicher Formen, aber ähnlichen Abbrandverhaltens finden.

Ohne weitere Maßnahmen wird während der Schussentwicklung beim degressivem (offensiven) Treibladungsmittel die Gasmenge stets kleiner, bei progressiven Mitteln größer. Bei neutralen Sorten bleibt sie in etwa bis zum Abbrandende gleich. Soweit die liebe Theorie. In der Praxis ist es aber oftmals so, dass zum Beispiel „Kugelpulver“, das nach seiner Form zweifellos degressiv (offensiv) abbrennen müsste, durch Chemikalien so behandelt werden kann, dass es progressiven Charakter erhält.

Der Wiederlader sollte sich die grundlegenden Dinge merken, die mit der Abbrandcharakteristik unmittelbar zusammenhängen. Bei degressivem (offensivem) Treibladungsmittel wird ein schneller Druckanstieg erzeugt, ein neutrales Mittel „schiebt“ die Gasdruckspitze etwas weiter in den Lauf, „hält“ länger oder gleichmäßiger ein bestimmtes Druckniveau, während das progressive Mittel, vereinfacht ausgedrückt, die Gasdruckkurve beziehungsweise –spitze zur Mündung hin verlegen kann - deshalb wird es gerne in größeren Geräten genutzt, zum Beispiel in Kanonen!

Wichtig: Rauchlose Treibladungsmittel in Handfeuerwaffenpatronen erreichen Druckmaxima von bis zu 5.000 bar. Deshalb dürfen diese niemals in nicht beschossenen oder nur für Schwarzpulver beschossenen Waffen Verwendung finden.

Schwarzpulver

Ganz zu Anfang wurde Schwarzpulver wirklich in „Pulverform“ gehandhabt. Daher reden wir auch heute noch von „Pulver“, obwohl bis auf Zündkraut („Zündmehl“) für Steinschlosswaffen unsere Treibladungsmittel, egal ob Schwarz“Pulver“ oder NC-Treibladungsmittel, in körniger Form vorliegen. Schwarzpulver ist im Gegensatz zu den Nitrotreibladungsmitteln keine chemische Verbindung, sondern ein Gemisch oder Gemenge. Es besteht aus etwa 75 % (Kali)Salpeter (KNO3), 15 % Holzkohle (C) und 10 % Schwefelblüte (S). Allerdings ist die Zusammensetzung variabel, während der Salpeteranteil etwa gleich bleibt, kann das Verhältnis Holzkohle zu Schwefel bis 10:15, also umgekehrt sein. Salpeter ist der Sauerstoffträger, Holzkohle und Schwefel werden verbrannt.

Zu Beginn der Nutzung wurden die drei Komponenten nur feinst gemahlen und dann sorgfältig gemischt. Das hatte den Nachteil, dass sich die Bestandteile während des Transportes dem spezifischen Gewicht entsprechend wieder entmischen konnten. Es dauerte eine Zeit, bis die ersten Schwarzpulversorten in gekörnter Form vorlagen. Die alten Geschützmeister mussten sich mit mehlförmigem, tatsächlichem Pulver plagen, das nach langer Lagerung oder Transport alles andere als berechenbar war. Erst um 1500 wurde gekörntes Schwarzpulver gebräuchlich. Dazu wurden die feinst vermahlenen Bestandteile mit Alkohol vermengt, feucht geknetet, anschließend zu Platten ausgewalzt und dann getrocknet. Diese „Kuchen“ zerkleinerte man anschließend, wobei die Bruchstücke in Ledersäcken zwischen Walzen ihre scharfen Kanten verloren. Dadurch erzielte man relativ „runde“ Körner. Schließlich kamen die Körner auf Siebe, wobei die Größe die Verwendungsfähigkeit von Handfeuerwaffen bis Kanonen regelte.

Unsere modernen Schwarzpulver werden auch heute noch in verschiedene Größen gesiebt, so ist das bekannte Schweizer Pulver außer als „Zündkraut“ in fünf verschiedenen Korngrößen im Handel. Wie bei rauchlosen Treibmitteln, steuert auch beim Schwarzpulver die Korngröße den Abbrand, also feine Körner für kleine Kaliber, grobe für große Kaliber. Oft werden die Körner noch graphitiert.

Nach dem Schuss entstehen Spaltprodukte, so das stark feuchtigkeitsanziehende Kaliumsulfat (K2SO3). Dies ist unter anderem für die stark rostfördernde Eigenschaft der Schwarzpulverrückstände verantwortlich, denn mit den Schwefelrückständen verbindet sich Wasser zu schwefliger Säure. Die Rückstände sind wasserlöslich, eine „Reinigung“ mit Öl bringt nichts!

Leider limitiert die Hygroskopie („Wasseranziehende Fähigkeit“) des Schwarzpulvers auch die Lagerfähigkeit von Patronen. Meist neigt es zum Verklumpen. Schwarzpulverpatronen haben nach unseren Versuchen eine Lagerfähigkeit von nur etwa zwei bis drei Jahren. Auch neigen die aggressiven Bestandteile dazu, den Zündsatz zu zerstören. Unsere Urgroßväter deckten die Zündlöcher mit dünnem Pergament ab, und lackierten innen die Hülsen, um eine Reaktion zu verhindern, beziehungsweise zu verzögern. Auch wurden die Ringfugen am Zündhütchen mit Lack überzogen.

Die sehr unterschiedlichen Charakteristika des NC-Treibladungsmittels sind in der folgenden Tabelle aufgeführt:

 

Schwarzpulver  
Verpuffungstemperatur: 250°C
Explosionstemperatur: 2500°C
Spezifisches Gasvolumen: etwa 0,9-97 lt/g
Unverbrannte Rückstände: circa 50-60%

 

Wegen der großen Teile fester Rückstände ist die ausreichende Fettung am Geschoss eminent wichtig. Bleibt diese aus, verkrusten die Rückstände im Lauf, und können nicht vom folgenden Geschoss ausgeworfen werden. Schwarzpulver ist für alle Waffen ohne gültigen Nitro-Beschuss das Treibmittel der Wahl. In letzter Zeit werden wieder vermehrt Patronenwaffen mit Schwarzpulver geschossen, sei es aus Spaß, sei es wegen des Reglements, sei es wegen des fehlenden Beschusses für rauchlose Treibladungsmittel.

Beim Umgang mit Schwarzpulver ist die besonders hohe Gefahr der Zündung durch statische Aufladung oder funkenreißende Arbeiten zu berücksichtigen. Das gilt besonders für die volumenmetrische Dosierung in nicht ausdrücklich für Schwarzpulver zugelassenen Füllgeräten!

Auch die Lagerung unterliegt besonderer Bestimmungen, da es im Gegensatz zu NC-Treibladungsmitteln massenexplosionsfähig ist. Schwarzpulver erreicht in Metallpatronen ein Druckmaximum von etwa 1.600 Bar, wenn die passende Körnung gewählt wurde, aber es kann durchaus höheren Druck erreichen, wenn diese nicht stimmt.

Wichtig: Niemals Zündkraut oder Schweizer Nummer 1 in großvolumigen Hülsen wie Kaliber 45-70 verwenden! Achten Sie bei Schwarzpulverladedaten genau auf die Angaben, die die Körnung betreffen! Niemals Schwarzpulver aus nicht ausdrücklich dafür zugelassenen Füllgeräten verladen!


 

Pyrodex und andere Schwarzpulverersatzstoffe

Ausgerechnet im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ empfanden bestimmte Regierungskreise den bis dahin ungeregelten Umgang mit Schwarzpulver als Sicherheitsrisiko. Die Bedenken schlugen sich 1970 in einem Sprengstoffgesetz nieder. Plötzlich hatten amerikanische Schwarzpulverschützen Probleme beim Versand, der Lagerung und auch beim Umgang. Als schwere Explosionsunglücke bei den großen Schwarzpulvermühlen in Amerika für schwindende Mengen dieses Treibmittels sorgten, meldete sich der Erfinder Dan Pawlack bei HodgdonEr stellte einen Schwarzpulverersatz vor: Pyrodex.

Ab 1975 wird es unter diesem Namen von Hodgdon vertrieben. Seit etwa 1997 ist es auch in Deutschland zugelassen. Pyrodex besteht aus etwa 52 % Kaliumperchlorat, 30 % Kaliumnitrat, 10 % Kohlenstoff, und etwa 8 % Schwefel. Pyrodex ist schlagempfindlicher als Schwarzpulver, und hinterlässt als Verbrennungsrückstand nach der Oxydation von Kaliumchlorat Kaliumchlorit - was leider genauso rostfördernd wirkt wie die Verbrennungsrückstände beim Schwarzpulver. Das tückische daran ist, dass die Rostbildung nicht so schnell passiert.

Wichtig: Pyrodex ist in der Lagergruppe 1.3. den Nitrotreibladungsmitteln zugeschlagen.

Die lästige Reduktion bei gleichzeitiger Lagerung von Schwarz- und Nitrotreibladungsmitteln ist damit vom Tisch. Wie Schwarzpulver ist Pyrodex in verschiedenen Körnungen erhältlich. Allerdings zeigen sich beim Ersatz von Schwarzpulver besonders in kleinkalibrigen Vorderladern durchaus Probleme. Bei Pyrodex ist die Zündunwilligkeit wesentlich höher als bei Schwarzpulver. Bei Perkussionswaffen noch erträglich, scheidet Pyrodex für Steinschlosswaffen deswegen fast aus. Schwierigkeiten ergeben sich in der Praxis manchmal in hochwertigen Vorderladern mit auf eine bestimmte Schwarzpulvermasse und -sorte ausgelegter Pulverkammer. Abweichend von Schwarzpulver hinterlässt Pyrodex wesentlich weniger Verbrennungsrückstände. Es brennt scheinbar mit höherer Temperatur ab, wie an deutlicher angesengten Schusspflastern festgestellt wurde. Damit ist die Verwendung von Pyrodex bei dieser Art Vorderlader durchaus nicht einfach.

Eine volumenmetrische Substitution von Schwarzpulver und Pyrodex ist bei gleicher Körnung in der Regel aber möglich! Prinzipiell scheinen die bisherigen amtlichen Versuche auf folgende Ergebnisse hinzudeuten: Eine volumenmetrische Substitution – bei abgestimmter Korngröße! - ist im maximal gleichen oder niedrigeren Druckbereich prinzipiell machbar. Dabei ist diese Aussage auf Kaliber bis etwa 18 Millimeter bezogen. Auch wird das recht kräftige Schweizer Schwarzpulver Nummer 1 als Referenz genommen.

Haupthindernis einer weiteren Verbreitung dürften allerdings nicht die in Lösung begriffenen rechtlichen oder praktischen Probleme sein. Das ist eher der Umstand, dass der Deutsche Schützenbund immer noch jedes andere Treibmittel als Schwarzpulver für Vorderladerwaffen verbietet. In Patronenwaffen wurden hinsichtlich der Zündwilligkeit weniger Schwierigkeiten befunden, wichtig ist wie beim Schwarzpulver auch, die passende Körnung zum jeweiligen Kaliber zu berücksichtigen. Allerdings schlugen auch Pyrodexrückstände nach einiger Zeit in sauer um und förderten die Rostbildung. In dieser Hinsicht sei Vorsicht angeraten, und die Waffe nach dem Schießen gereinigt. Pyrodex ist ein interessantes Schwarzpulver-Substitut mit kleinen Mängeln, die verschmerzbar sind, und einer Reihe von Vorteilen, die zum Teil deutlich überwiegen können.

Vernichten von Treibladungsmitteln

Manchmal muss sich auch ein kostenbewusster Wiederlader von Treibladungsmittel trennen. In der Regel sind es Reste aus Fehlladungen, „Uralt“-Patronen, die jemand entsorgen möchte, oder der Bodensatz der Sorte Treibladungsmittel, die schon länger nicht mehr favorisiert wird.

Delaborieren Sie niemals Patronen obskurer Herkunft! Die meisten Gewehr-Militärlaborierungen wurden in den Weltkriegen auch mit Phosphorgeschossen laboriert. Die 8 x 57 IS ist sogar in großen Mengen mit Sprenggeschossen für Bord-MG`s der Luftwaffe gefertigt worden! Delaborieren Sie nur Munition, die Sie zweifelsfrei als zivile Fertigung identifizieren können. Vernichten Sie prinzipiell Treibladungsmittel aus delaborierten fremden Patronen!

Wichtig: Nitrotreibladungsmittel sind chemische Verbindungen, Schwarzpulver ist nur ein Gemisch oder Gemenge.

Daraus folgen unterschiedliche Methoden zur Vernichtung. Schwarzpulver kann in einer Schale mit Wasser gemischt, aufgelöst (verdünnt) und dann durch die Toilette gespült werden. Auf feuchter Erde, besonders bei Regen können auch größere Mengen bis 50 Gramm sicher und rasch zersetzt werden, wenn sie fein ausgestreut sind.

Das sieht bei größeren Mengen Nitrotreibladungsmittel anders aus! Diese sind je nach Oberflächenbehandlung nach dem Trocknen weiter entzündbar und zersetzen sich nur über Monate! Die kalte Methode bei NC-Stoffen kann die Verwendung als Düngemittel im Garten darstellen. Dann aber bitte nicht eine Handvoll irgendwo hinkippen, sondern wirklich fein verteilen. Sie können NC-Treibmittel auch abbrennen. Tipp: Machen Sie sich zum Beispiel aus einer Haselnussgerte einen etwa einen Meter langen Stecken. Natürlich tut es auch ein steifer Draht oder sonstiges Teil. An der Spitze befestigen Sie ein kleines Knäuel Toilettenpapier. Erst mit diesem brennenden Fidibus nähern sie sich dem Treibladungsmittel. Legen sie bei NC-Mitteln nur eine möglichst dünne Spur aus, und entfernen Sie sich nach dem Anbrand sofort! Brennen Sie nie mehr als 50 Gramm auf einmal ab!

Wichtig: Zünden Sie niemals Schwarzpulver aus der Hand mit Feuerzeug oder Streichholz. Es brennt nicht ab, sondern verpufft unter großer Hitze sofort! Vermeiden Sie, wenn es geht, die Entsorgung über Flamme. Wenn nicht anders möglich, legen Sie zumindest eine „Lunte“ über NC-Treibmittel zum Schwarzpulver. Stellen Sie sich immer mit dem Rücken zum Wind! Achten Sie auf brennbare Materialien in der Nähe!

Abschließend noch ein Wort zur Weiterverwendung von delaboriertem Treibladungsmittel: Es sollte nur unter der Voraussetzung geschehen, nicht nochmals über ein Dosiergerät mit Schercharakteristik zu laufen! Bei herkömmlichen Füllgeräten wird bei stäbchenförmigen Treibladungstypen eine Reihe dieser Strukturen zerstört. Beim Verladen merken Sie manchmal ein „knirschen“, während der Rotor die Säule Treibladungsmittel abschert. Sie haben quasi bei jeder Ladung dadurch einige kleinere Teile Treibmittel mit anderem Abbrandverhalten als vom Hersteller vorgesehen. Einige dieser kleineren Krümel sind bereits einkalkuliert, aber bereits bei zweimaligem Durchgang über ein Füllsystem mit Schercharakteristik kann das Abbrandverhalten schneller, oder sogar ganz unkalkulierbar werden. In älteren, mehrfach wiedergeladenen Patronen können auch bereits chemische Reaktionen des Treibmittels mit Rückständen der Hülse stattgefunden haben.

Im Folgenden gehen wir exemplarisch auf häufiger in unseren Ladevorschlägen genannte Treibladungsmittel, deren Charakteristiken, sowie die besonderen Anwendungsgebiete ein.

Charakteristika ausgesuchter Treibladungsmittel

Lovex D032

Diese Marke aus Tschechien wurde bis vor kurzem unter dem Handelsnamen „Accurate“ geführt. Mittlerweile wird nur noch unter dem Namen „Lovex“ hergestellt. Die durchnummerierten Sorten beginnen bei Treibladungsmitteln für Kurzwaffen bei Lovex S011, das geringfügig schneller als Bullseye abbrennt. Dann folgt Lovex D032. Dies ist ein zweibasiges Mittel mit etwa 14 Prozent Nitroglyzerinanteil, welches seinen Schwerpunkt bei leichten Ladungen der gebräuchlichsten Kurzwaffenlaborierungen findet. Uns ist der sehr saubere Abbrand des Mittels positiv aufgefallen. Lovex D032 ist in etwa mit Bullseye oder HP 38 vergleichbar.

 
Lovex D036

Dieses ebenfalls zweibasige Treibladungsmittel liegt in der Abbrandgeschwindigkeit knapp hinter Unique. Der Nitroglyzerinanteil liegt bei etwa 17 Prozent. Es kann universell in fast allen Kurzwaffenkalibern verwendet werden.
 
Alliant Bullseye

Das älteste noch gebräuchliche Treibladungsmittel ist auch eines der schnellsten. Damit ist die Abbrandgeschwindigkeit gemeint, also die Fähigkeit, das feste Äquivalent in Gasdruck, in „Arbeit“ umzuwandeln. Bullseye ist ein zweibasiges Mittel mit einem relativ hohen Nitroglyzerinanteil von etwa 40 Prozent. Die Körner sind mit einer leichten Graphitschicht überzogen. Es wird besonders für leichte Ladungen .38 Special und .45 ACP empfohlen, und ist in diesen fast als Universalmittel anzusehen.
Alliant Unique

Ein Universaltreibladungsmittel, allerdings ursprünglich nur für Schrotpatronen, mit einem ebenfalls recht hohem Alter, rund 90 Jahre. Wie Bullseye ist es auch ein zweibasiges Mittel mit einem hohen Nitroglyzerinanteil. Es erreicht etwa 90 Prozent der relativen Brenngeschwindigkeit von Bullseye. Das Volumen liegt zum spezifischen Gewicht deutlich höher, so dass mit Unique relativ hohe Ladedichten erzeugt werden können. Mit Unique sollen sich für .45 Colt optimale Laborierungen erstellen lassen. Die etwas bulkigen Flocken sind allerdings auf mäßig verarbeiteten Füllgeräten nicht besonders gleichmäßig dosierbar. Außer in fast allen Kurzwaffenkalibern kann Unique mit sehr gutem Erfolg in reduzierten Gewehrlaborierungen genutzt werden. Die guten Zündeigenschaften sorgen auch bei ungleichmäßiger Ladungsverteilung in der Hülse für hervorragend gleichmäßige Schussentwicklung. In Gewehrlaborierungen betrifft das auch die vermeintlich nötigen Füllstoffe, sie werden nicht benötigt. Unique hat hinsichtlich der Optimierung in manchen Kurzwaffenkalibern mehr Probleme als N340 oder Universal. Aber es ist das einzige Treibladungsmittel, das mit gutem Erfolg sowohl in Kurz- als auch in Langwaffenkalibern reduzierter Leistung verwendet werden kann, und ist daher besonders für Wiederlader mit Lagerproblemen interessant. Wenn dem Sachbearbeiter vernünftig erklärt wird, dass selbst mit einer einfachen Mehrstationenpresse an einem Nachmittag etwa 1.000 Patronen geladen werden können, und das Treibladungsmittel nur Dosenweise angeschafft wird, erwirkt das oft, dass bei den meisten Behörden eine Wiederladegenehmigung mit der Einschränkung „Zum sofortigen Verbrauch der Treibladungsmittel ohne Lagerung“ erteilt wird.
 
Alliant Blue Dot

Rund 30 Jahre alt, hat sich Blue Dot schon lange einen festen Platz unter den Wiederladern erobert. Auch Blue Dot ist ein zweibasiges Treibladungsmittel. Die Brenngeschwindigkeit ist relativ langsam, es ist daher besonders als „Magnumpulver“ empfohlen worden. Eine spezifische Verwendung kann es in der 9 mm Luger finden. Mit Ladedichten nahe oder bei 1 ergibt es eine sehr hohe Gleichmäßigkeit, und verhindert durch den relativ langsamen Druckaufbau das bei 9 mm Luger bekannte „Rupfen“ während der Schussentwicklung. Der Nachteil bei kurzen Läufen ist das Mündungsfeuer. Auch finden sich hin und wieder unverbrannte Reste. Die blauen Flocken dienen der besseren Identifizierung. Bei höheren Ladungen werden manchmal Magnumzündhütchen empfohlen.
 
Alliant 2400

Zwar wurde dieses Treibladungsmittel für Magnumlaborierungen .357- oder .44 Magnum favorisiert, aber es lässt sich auch gut für reduzierte Büchsenlaborierungen mittlerer, oder harter Ladungen kleinerer Kaliber verwenden, so auch der .30 Carbine. 2400 ist ein ebenfalls recht altes, zweibasiges Mittel mit einem Nitroglyzerinanteil von rund 20 Prozent.
 
Hodgdon HP 38

HP 38 wurde etwa ab 1975 verfügbar. Es ist ein zweibasiges Mittel mit einem Nitroglyzerinanteil von 22,5 Prozent. Vorgestellt wurde es als: „Schnellbrennendes Mittel für leichte Scheibenladungen in allen Pistolenkalibern“. Und an dieser Aussage ist nichts hinzuzufügen. Es hat eine recht gute Dosierbarkeit, und ist besonders in den Ladungen 9 mm Luger für P 08 und C 96 hervorragend. Ansonsten kann dieses Treibladungsmittel für fast alle relevanten Kurzwaffenkaliber mit gutem Erfolg verwendet werden.
 
Hodgdon Universal

Der Name ist Programm, bis hin zur Verwendung in Schrotpatronen zeigt dieses ausgeglichene Universalmittel gute Leistungen. Besonders in reduzierten Ladungen .357 oder .44 Magnum ist neben N340 oder N350 dieses Treibladungsmittel zu empfehlen. Es ist noch relativ neu. Die kleine Korngröße lässt sehr genaue Dosierungen zu. Mit etwas Geschick und einigen Sitzungen an der Schießmaschine lassen sich mit diesem Treibladungsmittel in allen gebräuchlichen Standardpatronen gute bis sehr gute Leistungen erarbeiten. Universal ist bei Wiederladern für Kurzwaffenmunition mit Lagerproblemen neben Unique und N340 einer von drei guten Tipps.
 
IMR Trail Boss

Wurde vor allem für langsame Bleigeschosse, also speziell für das Cowboy Action Schießen entwickelt. Es ist in erster Linie ein Kurzwaffenpulver, das aber auch in einigen Langwaffen verwendet werden kann. Es wurden hier völlig neue chemische Zusätze verwendet, die eine hohe Ladedichte, gleichmäßige und problemlose Verwendung in Pulverfüllgeräten und große Stabilität bei unterschiedlichsten Außentemperaturen gewährleisten. Das bedeutet für den Wiederlader zusätzliche Sicherheit.
 
Rottweil P805

Das ist das schnellste Treibladungsmittel der Rottweil „P-Reihe“. Es ist ein Mittel in zylindrischer Form. Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf eine ganze Reihe Kurzwaffenpatronen, mit Ausnahme der 9 mm Luger. Mit geringen Chargen lassen sich schon recht hohe Leistungen erzielen. In der .44 Magnum lassen sich mit P805 sauber abbrennende Scheibenlaborierungen erstellen.
 
Rottweil P801

Dies ist eigentlich „das“ Spezialmittel für die .32 S&W mit Wadcutter-Geschoss. Aber auch in einer Reihe von anderen Kurzwaffenpatronen, wie der .45 ACP, lassen sich damit gute Resultate erzielen.
 
Rottweil P804

Dieses Treibladungsmittel ist auch als „Neun-Para-Pulver“ bekannt. Mit diesem Mittel lassen sich in der 9 mm Luger sehr große Spannweiten hinsichtlich der Funktionssicherheit sowie Präzisionsausbeute realisieren. Daneben ist es für Laborierungen der 7,65 Parabellum oder 7,63 Mauser mit gutem Erfolg verwendbar.
 
Rottweil P806

Eigentlich ein typisches ”Magnum”-Treibmittel für .357 oder .44 Magnum, doch lassen sich damit auch reduzierte Langwaffenlaborierungen erstellen.
 
Vihtavuori N310

Es ist das schnellste Treibmittel der „Dreier-Serie“ von Vihtavuori. Bis auf wenige Ausnahmen ist das Treibmittel für die typischen Sportschützenpatronen nicht optimal. Obwohl in der Brenngeschwindigkeit in etwa mit Bullseye oder Lovex D032 vergleichbar, reagiert N310 viel empfindlicher hinsichtlich möglicher Setztiefenschwankungen oder abweichender Geschossdurchmesser. „Zuhause“ ist es in der .32 S&W. Long WC, und mit extrem leichten Geschossen (90 Grains) noch in der 9 mm Luger. Die eigentlich für dieses Treibmittel idealen Patronen liegen in der Größenordnung .25 ACP (6,35 mm Browning) bis .380 ACP (9 mm kurz).
 
Vihtavuori N320

Wie alle Vihtavuori-Treibladungsmittel ist N320 einbasig. Die typischen Verwendungsgebiete sind reduzierte Ladungen der Kaliber .357- und .44 Magnum, der .45 Auto und .45 Colt. Die Abbrandgeschwindigkeit kann in etwa mit der des Alliant Red Dot verglichen werden. Das heißt aber nicht, dass es ohne weiteres substituiert werden kann.
 
Vihtavuori N330

Das ideale Treibladungsmittel für die 9 mm Luger mit 8,1 Gramm Geschossgewicht. Weiterhin gut geeignet für mittlere Ladungen in .38 Special oder .357 Magnum.
 
Vihtavuori N340

Dieses Treibladungsmittel ist ein nahezu optimales Universalmittel. In der 9 mm Luger, .38 Special, .357 Magnum, .44 Magnum und auch in der .45 ACP zeigt es sehr gute Leistungen. Es ist das beliebteste Mittel in der .357 Magnum in Verbindung mit dem 180 Grains H&N-Geschoss. Auch N340 ist bei Wiederladern für Kurzwaffenmunition mit Lagerproblemen ein Favorit.
 
Vihtavuori 3N37

In der Brenngeschwindigkeit liegt 3N37 zwischen N340 und N350. In der 9 mm Luger lassen sich damit die höchsten Leistungen erzielen. Der Einsatzbereich in der .357 und .44 Magnum liegt im mittleren Leistungsspektrum, also im für Sportschützen idealen, weil noch faktorsicheren Bereich. Allerdings fehlt, trotz des recht großen Spektrums, 3N37 die Universalität von N340. Uns fiel die gute Dosierbarkeit von 3N37 auf, die bei zylindrischen Formen nicht immer selbstverständlich ist. Durch die etwas andere Formgebung von 3N37 wird die Dosiergenauigkeit erheblich verbessert.
 
Vihtavuori N350

Bei etwa gleichen Füllmengen realisiert N350 etwa die gleiche Leistung wie N340, aber bei geringerem Druck. Es ist das langsamste Mittel der dreihunderter Serie Vihtavuori`s. Es lassen sich bei Verwendung schwerer Geschosse schon recht anständige Füllhöhen erreichen. Das Mittel wandelt den Rückschlag der .357 Magnum in Verbindung mit Geschossen von 200 Grains Gewicht in ein eher vorderladerähnliches Schieben um.
 
Vihtavuori N110

N110 ist ein sehr populäres, einbasiges Treibmittel für .357- oder .44 Magnum. Dabei wird oft übersehen, dass es sich um das schnellste Treibmittel der Vihtavuori-Reihe für Gewehrpatronen handelt, und eigentlich für Kurzwaffenpatronen gar nicht vorgesehen war. In kleinen Gewehrpatronen wie der .22 Hornet realisiert es hohe Leistungen. In den H&N-Ladeempfehlungen war es schon vor Jahren die erste Wahl bei reduzierten Büchsenlaborierungen. Wie Unique benötigt auch N110 keinerlei Dämm- oder Füllstoffe. In Kurzwaffenpatronen empfiehlt sich manchmal ein Magnumzündhütchen. Das zylindrische Treibladungsmittel ist auch bei hochwertigen Füllgeräten nicht immer dosiergenau.

Generell können aus einer Tabelle mit relativen Abbrandgeschwindigkeiten nahe zusammenliegenden Treibladungsmitteln in etwa die gleichen Eigenschaften zugesprochen werden. Aber nur in etwa, das reicht auf keinen Fall um Ladedaten einfach zu substituieren. Erwägt man solch einen Schritt, müssen Sie einige Patronen zwecks Druck- und Geschwindigkeitsmessung an die DEVA oder ein Beschussamt senden. Bei Ihren Ladeangaben müssen sich alle relevanten Parameter wiederfinden, die zur Laborierung gehören. Erst wenn Sie ein Druckprotokoll in Händen halten, können Sie diese Laborierung auch lange Zeit in Ruhe verschießen. Bewährt hat sich, einige Patronen etwas unter den Füllwerten des Vergleichsmittels anzulegen, einige mittig, andere etwas darüber. Bei der DEVA benötigen Sie für eine Messreihe mindestens sieben, besser 10 Patronen. Selbst wenn Sie 30 Stück einsenden, liegen die Kosten unter denen, die für einige Schachteln hochwertiger Fabrikmunition fällig werden. Mit etwas Glück haben Sie nach einigen Wochen drei Druckprotokolle in Händen, wo sie minimale, durchschnittliche und maximale Lademenge Ihres „neuen“ Treibladungsmittels ablesen können. Und noch etwas: Ob Sie mit Ihrer .357er-Laborierung 2.000, 3.000 oder 3.500 bar erreichen, müssen sie nicht merken! Auch Ihre Waffe merkt so was nicht, nicht sofort, denn die Berstgrenzen sind - zum Glück - wesentlich höher. Aber nach einigen tausend Schuss fragen Sie sich vielleicht, warum Ihre Waffe schon so mitgenommen und ausgeschlagen ist, wo Sie doch nicht mehr als Ihr Freund „Vorsicht“ geschossen haben. Haben Sie „Ihre“ Laborierung gefunden, verfügen Sie über ein anständiges Hülsenlos, und haben Sie Komponenten von etablierten Herstellern gewählt und keine Eintagsfliegen, lohnen sich die paar Euro für ein Druckprotokoll immer!

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